Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz - Folgen für Architekten


Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz


Welche Folgen hat das für einen Architekten?


Der Verstoß des Architekten gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und seine Folgen

von Frank Zillmer   -   20.11.2024
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz

Welche Folgen hat das für einen Architekten?


Der BGH hat mit Urteil vom 9. November 2023 –
VII ZR 190/22 – eine Entscheidung mit noch nicht absehbarer Tragweite getroffen. Er hat entschieden:


Ein Architekt, der eine Bauvertragsklausel für den Auftraggeber entwirft, verstößt gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Die Vereinbarung darüber ist daher nichtig.


Ein Architekt hatte dem Auftraggeber Vertragsmuster zur Verfügung gestellt und eine Klausel entworfen, die dem Auftraggeber Skonto gewähren sollte. Diese Klausel war AGB-widrig und daher unwirksam; der Auftraggeber konnte in der Folge keine Skontoabzüge vornehmen.


Der Auftraggeber hielt die Leistung des Architekten daher für mangelhaft und verlangte vom Architekten Schadenersatz für den entgangenen Skontobetrag.


Der BGH lehnte einen Gewährleistungsanspruch jedoch ab: Die Vereinbarung habe gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verstoßen und sei daher nach
§ 134 BGB, § 3 RDG nichtig. Gewährleistungsansprüche wegen der fehlerhaften Klausel bestünden daher nicht.


Damit ist die Sache für den Architekten aber noch nicht erledigt, denn der BGH hat die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückgegeben: Das OLG soll nun noch klären, ob Schadenersatzansprüche aus anderen Rechtsgrundlagen bestehen. Das RDG soll Rechtsuchende vor unqualifiziertem Rechtsrat schützen und ist damit ein „Schutzgesetz“, bei dessen Verletzung Schadenersatzansprüche ausgelöst werden können
(§ 823 Abs. 2 BGB, § 3 RDG). Zudem hätte der Architekt auf die fehlende Erlaubnis und den Rechtsverstoß hinweisen müssen; sofern der Hinweis gefehlt hat, kommt auch ein Anspruch aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten in Betracht (§ 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB). Das wird also noch geklärt.


Für diese Schadenersatzansprüche besteht übrigens kein Versicherungsschutz!


Die Entscheidung wirft aber zwei ganz wichtige Fragen auf:


  • Ist der ganze Architektenvertrag nichtig – mit der Folge, dass der Architekt kein Honorar verlangen kann und auch der Auftraggeber keine weiteren Gewährleistungsansprüche gegen den Architekten hat?
  • Wo beginnt die unerlaubte Rechtsberatung und was ist dem Architekten erlaubt?


Gesamter Architektenvertrag nichtig?


Das Urteil des BGH befasst sich ausdrücklich nur mit der „Vereinbarung“, durch die sich der Architekt verpflichtet, eine Skontoklausel zur Verfügung zu stellen. Das jedoch ist nur ein kleiner Teil des Architektenvertrages. Welche Folgen hat das Urteil für den restlichen Vertrag?


Die Nichtigkeit hat im Regelfall die Nichtigkeit des gesamten Vertrages zur Folge, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre,
§ 139 BGB.


Das
OLG Schleswig hat mit Urteil vom 16.08.2013 – 1 U 24/13 – bei einer „Schwarzgeldabrede“ in einem Bauvertrag die Nichtigkeit des gesamten Vertrages angenommen: Der Auftragnehmer konnte keinen Werklohn verlangen; der Auftraggeber konnte keine Gewährleistungsansprüche geltend machen. Der Bauwerkvertrag war nach § 134 BGB, § 1 Abs. 2 SchwarzArbG in vollem Umfang nichtig.


Würde das auch bei einem Verstoß gegen das RDG gelten, werden sich Auftraggeber gegen Honoraransprüche und Architekten bei Gewährleistungsansprüchen künftig auf die Nichtigkeit des Architektenvertrages berufen, wenn ein Verstoß gegen das RDG vorliegt. Diese Gefahr ist durch die Entscheidung des BGH nicht ausdrücklich gebannt.


Das OLG Schleswig hat die weitreichende Folge der Nichtigkeit des gesamten Vertrages aus dem Sinn und Zweck des SchwarzArbG abgeleitet: 


„Dem Zweck, die Bekämpfung von Schwarzarbeit zu intensivieren, sei am besten gedient, wenn ein Verstoß gegen ihre Erscheinungsformen zu der Gesamtnichtigkeit des Vertrages führt …. Eine Teilnichtigkeit nur der Abrede, keine Rechnungen für die Werkleistung zu stellen, würde nicht die notwendige Abschreckungswirkung entfalten. Da das Ziel der Parteien einerseits, die Umsatzsteuer nicht vollständig an das Finanzamt abführen zu müssen und andererseits einen günstigeren Werklohn dadurch zu erzielen, auch dann erreicht wird, wenn nur ein Teil des Werklohns ohne Rechnung gezahlt werden soll, gilt dies auch bei teilweiser Schwarzgeldabrede.“


Ich bin der Auffassung, dass der Schutz Rechtssuchender auch schon durch die Unwirksamkeit der Vereinbarung über die unzulässige Rechtsberatung erreicht wird und keine so ausufernden Rechtsverletzungen durch Architekten vorliegen wie im Bereich der Schwarzarbeit, die das SchwarzArbG bekämpfen möchte. 


Ein Auftraggeber wird den Verstoß gegen das RDG auch nicht ohne weiteres feststellen können; zudem ist das Ausmaß der Verletzung des RDG eher als gering einzustufen.


Zudem werden die Parteien regelmäßig auch im Übrigen am Vertrag festhalten wollen.
Daher sollte keine Nichtigkeit des gesamten Vertrages vorliegen.


Aber Achtung

Ob Gerichte das letztlich auch so sehen, ist derzeit aber nicht absehbar. Es kann sein, dass die Rechtsprechung die Nichtigkeit des Gesamtvertrages annimmt! Architekten und ihre Auftraggeber sind daher gut beraten, Verstöße gegen das RDG zu unterlassen. Baurechtliche Fragen sind ohnehin komplex und sollten von entsprechend qualifizierten Rechtsanwälten bearbeitet werden. Insbesondere Fachanwälte für Bau- und Architektenrecht haben die erforderliche Ausbildung und Erfahrung und sind -anders als Architekten in diesem Fall- gegen etwaige Fehler versichert.


Wo beginnt die unerlaubte rechtliche Beratung?


Damit stellt sich die Frage, wo die unerlaubte Rechtsberatung beginnt.


Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 9. November 2023 eingesehen, dass „der Architekt die Pflicht hat, die Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, um die mit dem Auftraggeber vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Dieses Aufgabengebiet und damit das Berufsbild des Architekten hat in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen. So kann es zum Erreichen der vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele notwendig sein, über Kenntnisse des öffentlichen und privaten Baurechts zu verfügen und diese in der Beratung des Bauherrn umzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Architekt als geschäftlicher Oberleiter, sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn nicht unerhebliche Kenntnisse des Werkvertragsrechts, des BGB und der entsprechenden Vorschriften der VOB/B besitzen (BGH, Urteil vom 26. April 1979 - VII ZR 190/78, BGHZ 74, 235, 238).“


Architekten und Ingenieure müssen sich daher in bau- und architektenrechtlichen Themen auskennen und das BGB sowie die VOB/B richtig anwenden können. Hierzu sind entsprechende
Schulungen unerlässlich.


Aber wo beginnt die Rechtsdienstleitung?


Nach dem Gesetz liegt eine Rechtsdienstleistung dann vor, wenn eine rechtliche Prüfung im Einzelfall stattfindet, §2 Abs. 1 RDG.


Allgemeine rechtliche Hinweise zu den Folgen einer Abnahme oder zu Mängelrechten ohne Bezug zum Einzelfall sind daher ebenso zulässig wie Rechnungsprüfungen oder Dokumentationen des Bauablaufs.


Die einfache Übersendung allgemeiner Vertragsmuster mag noch keine Rechtsdienstleistung darstellen; die Prüfung, ob das Muster den konkreten Bedürfnissen des Auftraggebers entspricht, hingegen schon. Auch das bloße Zurverfügungstellen von Vertragsmustern ist aber haftungsträchtig, denn die Muster müssen „richtig“ sein, wenn der Architekt nicht mangelhaft leisten will.


Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen dann, wenn sie im Zusammenhang mit einer anderen (Haupt-)Tätigkeit stehen, § 5 RDG. Soweit daher für den Auftraggeber im Rahmen der Objektüberwachung gegenüber dem Bauhandwerker Mängel gerügt werden, ist das aufgrund der entsprechenden Qualifikation des Architekten zulässig. 


Erlaubt ist eine Rechtsberatung aber auch nur dann, wenn sie zum Berufsbild des Architekten gehört.


Architekten müssen dem Bauherrn auch das planerische, wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des Vorhabens zu erläutern und in diesem Zusammenhang öffentlich-rechtliche Vorschriften zum Bauplanungs- und Bauordnungsrecht in ihre Beratung einbeziehen. 


Der Architekt ist jedoch nicht Rechtsberater des Bauherrn: Eine allgemeine Rechtsberatung wird von dem Berufsbild des Architekten nicht erfasst, da es insoweit an einer hinreichenden juristischen Qualifikation fehlt. An dieser Stelle greift der Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, den Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten.


Eine der Interessenlage des Auftraggebers entsprechenden Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zu entwerfen und zur Verfügung zu stellen geht über die typischerweise mit der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und damit über das Berufsbild des Architekten hinaus. Denn die Erfüllung einer solchen Aufgabe erfordert qualifizierte Rechtskenntnisse, wie sie grundsätzlich nur bei Rechtsanwälten vorhanden sind.


Der Architekt muss den Bauherrn darauf hinweisen, dass ihm eine solche Tätigkeit nicht erlaubt ist und sich der Bauherr insoweit an einen Rechtsanwalt zu wenden hat.


Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der HOAI:


Nach Anlage 10.1 Leistungsphase 7 h) zu § 34 HOAI erhält ein Architekt ein Honorar für das "Mitwirken bei der Auftragserteilung". 


Insoweit wurde bisher zum Teil vertreten, der Architekt sei verpflichtet, Verträge zu entwerfen bzw. sämtliche Vertragsunterlagen zusammenzustellen, die auf die Interessen des Bauherrn abgestellt sind (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 26. September 2002 - 12 U 63/02, BauR 2003, 1751; Locher/Koeble/Frik-Koeble, Kommentar zur HOAI, 15. Aufl., § 34 Rn. 205): Soweit der Verordnungsgeber insbesondere für rechtsbesorgende Tätigkeiten im Rahmen der HOAI eine Vergütung vorgesehen habe, sei damit ein Erlaubnistatbestand im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG geschaffen, weil ansonsten eine Leistung vergütet werde, die wegen § 134 BGB nicht wirksam vereinbart werden könne.


Dem folgt der BGH in seiner Entscheidung ausdrücklich nicht!


Er verweist darauf, dass die Honorarordnung als Verordnung im Rang unter dem Rechtsdienstleistungsgesetz steht und der Verordnungsgeber in der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der HOAI, dem Art. 10 § 1 MRVG, nicht ermächtigt worden ist, die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen im Sinne von § 3 RDG zu regeln. Beachtet eine Verordnung die Grenzen ihrer Ermächtigungsgrundlage nicht, ist sie insoweit unwirksam. Die verfassungskonforme Auslegung der HOAI durch den BGH führt dazu, dass der Architekt keine Rechtsdienstleistungen erbringen darf.



Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz

Was ist dem Architekten danach erlaubt und was nicht?


Der Architekt darf nicht

  • Verträge oder einzelne Klauseln hierzu entwerfen
  • Rechtsempfehlungen zur Abwicklung von Bauverträgen geben, z.B.
  • Den Auftraggeber über die etwaigen Möglichkeiten der Vertragskündigung beraten
  • Den Auftraggeber über das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen von Nachträgen beraten


Dagegen gehört es zum Berufsbild des Architekten, 

  • die bauordnungs- und planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen
  • die Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen in terminlicher und technischer Hinsicht sowie die Einhaltung allgemein anerkannter Regeln der Technik zu überwachen und den Auftraggeber zu beraten, wenn diese verletzt worden sind


soweit es zum Erreichen der vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele notwendig ist.


Dazu sind auch fundierte Rechtskenntnisse notwendig, damit der Bauherr so beraten werden kann, dass er rechtzeitig und richtig reagieren kann.


In Zweifels- und Grenzfällen wie bei komplexen bauplanungsrechtlichen Fragen, Nachtragsfragen oder Vertragswerken sind alle am Bau Beteiligten gut beraten, wenn sie sich darauf verständigen, dass der Auftraggeber qualifizierten Rechtsrat bei einem
Rechtsanwalt einholt. Dem Architekten obliegen hier Hinweispflichten, wenn er sich nicht schadenersatzpflichtig machen will.


Der Umstand, dass sich der Architekt in dem vom BGH entschiedenen Fall seinerseits anwaltliche Hilfe geholt hatte, hat ihn nicht entlastet.


Fazit

Für Architekten bedeutet das Urteil eine klare Verpflichtung, sich in rechtlichen Fragen auf ihr Kerngebiet zu beschränken und bei komplexen rechtlichen Angelegenheiten einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Ihre Hinweispflicht auf die eigene Qualifikation wird besonders hervorgehoben, um Haftungsrisiken zu vermeiden.


Die klare Trennung von architektonischen und rechtlichen Aufgaben dient nicht nur dem Schutz des Auftraggebers, sondern vor allem der Absicherung des Architekten vor rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken. Eine enge Zusammenarbeit mit qualifizierten Rechtsanwälten ist in solchen Grenzbereichen unerlässlich.

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   Autor

Frank Zillmer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, seit 1996 mit eigener Kanzlei in Kiel. 

"Alle am Bau Beteiligten sollen den rechtlichen Hintergrund verstehen."

Rechtsanwalt
Frank Zillmer

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