In der Praxis kommt es häufig vor, dass Auftraggeber die Abnahme eines Werks wegen festgestellter Mängel verweigern. Nicht selten lassen beide Parteien den Fall dann unbeachtet liegen. Dies wirft die Frage auf, welche Gewährleistungsansprüche dem Auftraggeber zustehen und wann diese verjähren, insbesondere wenn das Werk trotz Verweigerung der Abnahme in Gebrauch genommen wird.
Im Laufe der Zeit zeigt sich dann, dass der Mangel schwerwiegender ist, als zunächst angenommen oder schwerwiegende Folgeschäden verursacht – oder es zeigen sich später weitere Mängel, wegen denen der Auftraggeber gegen den Auftragnehmer dann doch vorgehen möchte.
Die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche beginnen mit der Abnahme. Diese fehlt hier aber.
Kommt es auf die Kenntnis vom Mangel an oder kommt es auf andere Umstände an?
Und wenn ja: Auf welche Umstände?
Hat der Auftraggeber nichts unternommen, steht ihm der Anspruch auf Vertragserfüllung zu. Dieser verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist. Die Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Auftragnehmer seine Leistung beendet und läuft drei Jahre.
Hat der Auftraggeber hingegen zu erkennen gegeben, dass er nach fruchtloser Nachfrist ernsthaft und endgültig die Erfüllung verweigert, entsteht nach Auffassung der Rechtsprechung ein „Abrechnungsverhältnis“.
Der BGH hat entschieden, dass dem Auftraggeber in diesem Fall die „üblichen“ Mängelrechte zustehen (§ 13 VOB/B bzw. § 634 BGB).
Das müsste dazu führen, dass diese Ansprüche nach 4 Jahren gemäß § 13 VOB/B bzw. 5 Jahre gemäß § 634a BGB verjähren.
Ungeklärt ist allerdings, wann diese Fristen beginnen, denn an einer Abnahme, welche diese Fristen in Gange setzt, fehlt es in diesen Fällen. Maßgeblich müsste an Stelle der Abnahme die Erklärung des Auftraggebers sein, die zu dem Abrechnungsverhältnis geführt hat. Die Erklärung kann z.B. in einem Verlangen von Vorschuss zur Mangelbeseitigung, zum Schadenersatz oder in einer Minderungserklärung liegen.
Rechtlich gesehen, entsteht durch die ausdrückliche Verweigerung der Abnahme und den Beginn der Nutzung des Werks ein komplexes Szenario.
Problematisch wird es für Auftraggeber dann, wenn sich ein (neuer) Mangel erstmals dann zeigt, wenn der Erfüllungsanspruch bereits verjährt ist:
Bisher ist ungeklärt, ob die durch das Abrechnungsverhältnis ausgelösten Rechte nach den Regeln des Gewährleistungsrechts verjähren oder schon früher nach den Regeln, die für den Erfüllungsanspruch gelten.
(OLG Schleswig, Urt. v. 18.11.2022, Az. 1 U 42/21 aufgehoben durch BGH Urt. v. 9.11.2023, Az. VII ZR 241/22)
Weitere offene Fragen ergeben sich dann, wenn die nicht abgenommene Leistung des Auftragnehmers zeitversetzt mehrere Mängel zeigt:
Es ist sehr zweifelhaft, ob dann für jeden Mangel eigene Gewährleistungsfristen gelten.
Für Auftraggeber ohne Abnahme der Bauleistung ist der sicherere Weg, im Zweifel von einer frühen Verjährung auszugehen – also drei Jahre nach Ablauf der Frist zur Vertragserfüllung.
Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, sind rechtzeitige – also VOR Ablauf von 3 Jahren - und gründliche Mängelbegehungen essenziell.
Manchmal ist ein Auftraggeber bessergestellt, wenn er ein mangelhaftes Werk unter Vorbehalt der ihm bei Abnahme bekannten Mängel abnimmt. Er erhält dadurch rechtssicher die gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Gewährleistungsfrist. Er erhält dadurch meist eine längere Gewährleistungsfrist.
Die jeweiligen Folgen sollten in jedem Einzelfall in Ruhe und mit rechtskundiger Hilfe abgewogen werden.
Die Komplexität der Rechtslage rund um Gewährleistungsansprüche bei fehlender Abnahme macht es unerlässlich, jeden Fall individuell und mit juristischer Expertise zu bewerten. Dieser Leitfaden bietet eine erste Orientierung, ersetzt aber keinesfalls eine individuelle Rechtsberatung.
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Die Abnahme ist ein entscheidender Schritt in der Projektabwicklung und hat erhebliche rechtliche und finanzielle Auswirkungen für Auftragnehmer, Auftraggeber und objektüberwachende Architekten und Ingenieure.
Für ein Bauunternehmen oder einen Handwerker ist die Bau-Abnahme der erbrachten Leistung wichtig, weil der Auftraggeber damit bestätigt, dass die Werkleistung vertragsgemäß erfüllt ist.
Die Abnahme der Bauleistung wird häufig als „Dreh- und Angelpunkt“ eines Bauvorhabens bezeichnet, da die Abnahme viele Folgen hat.
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