Die Begriffe „Claim-Management“ oder „Nachforderungsmanagement“ sind zunehmend in aller Munde. Auch im Baubereich reicht es nicht mehr aus, Verträge „irgendwie“ abzuarbeiten. Sie müssen kosten- und ertragsbewusst an die Umsetzung Ihrer Verträge gehen. Nachtragsmanagement spielt eine große Rolle und sollte sowohl von Auftraggebern als auch von Auftragnehmern von Anfang an strukturiert verfolgt werden.
Das Webinar hat am 5.03.3021 um 15.00 Uhr stattgefunden.
Es ist für alle am Bau Beteiligten außerordentlich wichtig, die Grundzüge des Baurechts zu kennen. Nur so bekommen Sie ein Gespür dafür, wann und wie rechtzeitig „Pflöcke einzuschlagen“ sind, damit Sie später keine Rechte verlieren.
Planen Sie aktiv im Vorweg, wie mit besonderen Situationen umgegangen werden soll. Dadurch können Sie den Bauablauf gestalten, auch wenn besondere Situationen auftreten. Sie sind dann nicht mehr in der Rolle, nur auf Aktivitäten der anderen reagieren zu müssen.
Schon bei Ausschreibung und Vertragsschluss müssen erste Weichen gestellt werden:
Die Ausschreibung begrenzt die Entscheidungs- oder „Dispositionsbefugnis“ des Auftragnehmers:
Grundsätzlich kann der Auftragnehmer entscheiden, wann, wie und wo er eine Leistung bzw. deren einzelnen Teilschritte erbringt.
Da der Auftraggeber aber eine Vorstellung davon hat, wie die Leistung aussehen soll, die er erbracht haben möchte, erstellt er eine detaillierte Leistungsbeschreibung. Diese schränkt die Dispositionsbefugnis des Auftragnehmers ein.
Beispiel: Eine Halle soll nicht nur 20 m lang, 10 m breit und 5 m hoch sein und „irgendwie“ hergestellt werden. Sie soll ein Stahlbau sein, bestimmte Wärme- und Schalldämmqualitäten haben, ein Rolltor in einer bestimmten Größe und einen Estrich mit einer bestimmten Festigkeit haben. Zudem soll die Leistung an einem bestimmten Tag fertig sein. An diese Vorgaben muss sich der Auftragnehmer aber nur halten, wenn es vertraglich so geregelt ist. Er hat aber trotzdem weiterhin die Freiheit zu entscheiden, wo er das Rolltor einkauft, wann er es einbaut und wann und wie er den Estrich einbringt – es muss nur alles zusammen rechtzeitig fertig sein und den vertraglichen Vorgaben entsprechen.
Greift der Auftraggeber nachträglich in diese verbliebene Dispositionsbefugnis ein, kommt es zu einer Nachtragssituation:
Möchte der Auftraggeber frühzeitig einen „geschlossenen“ Bau, damit z.B. Folgegewerke darin geschützt arbeiten können und gibt er nachträglich vor, das Dach oder das Rolltor zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig zu stellen, können Mehrkosten entstehen. Auch Änderungen bei der Größe des Rolltores oder eine erstmalige Vorgabe einer bestimmten Farbgebung für das Rolltor können Mehrkosten auslösen.
Damit der Auftraggeber nicht von späteren Mehrkostenforderungen unangenehm überrascht wird, muss seine Ausschreibung also alle Wünsche von vornherein festlegen und es sollten spätere Änderungen vermieden werden.
Außerdem sind bei der Ausschreibung von Bauleistungen einige Spielregeln zu beachten. Diese ergeben sich zum Beispiel aus der VOB/C: Dieses Regelwerk enthält für jedes Gewerk Vorgaben, welche Erschwernisse und Informationen in einer Ausschreibung angegeben werden müssen.
Werden solche Erschwernisse nicht angegeben, muss der Auftragnehmer sie nicht einkalkulieren.
Treten die Erschwernisse auf der Baustelle nachher aber auf und müssen sie bewältigt werden, kommt es zum Nachtrag – und möglicherweise zu Behinderungen und Zeitverlusten.
Die richtige Ausschreibung kann dem Auftraggeber daher viel Geld und Zeit sparen helfen.
Eine vollständige und richtige Kalkulation ist für den Auftragnehmer existenziell. Niemand möchte auf seine zu erbringende Leistung draufzahlen.
Alles, was laut Vertrag von vornherein hätte einkalkuliert werden müssen, ist mit der vereinbarten Vergütung abgegolten und kann nicht als „Nachtrag“ später zusätzlich abgerechnet werden.
„Vertrag“ kommt von „vertragen“
Nach der Unterzeichnung ist der Vertrag daher von allen Beteiligten fair zu erfüllen.
Meint der Auftragnehmer, eine Anordnung des Auftraggebers führe zum Nachtrag, muss geklärt werden, ob tatsächlich eine Abweichung vom „Bau-Soll“ vorliegt. Damit diese Abweichung zu einem Nachtrag wird, muss sie zusätzlich im Risikobereich des Auftraggebers liegen.
Hat der Auftraggeber nachträglich in den Ablauf eingegriffen, den der Auftragnehmer kalkulieren durfte?
Bei der Abnahme können dem Auftraggeber durch Unkenntnis der Regelwerke erhebliche Rechtsverluste und damit unnötige Kosten entstehen:
Der Auftraggeber muss wissen, wann eine fiktive Abnahme oder eine Abnahme durch schlüssiges Handeln vorliegt und welche Rechte er sich bei einer Abnahme vorbehalten muss, damit er keine Mängelansprüche verliert.
Eine sachgerechte Gewährleistungsverfolgung sichert die Gewährleistungsansprüche und schützt den Auftraggeber vor der Verjährung seiner Ansprüche.
Sorgen Sie für eine Abnahme direkt nach der Fertigstellung Ihrer Leistung. Die Abnahme markiert den Gewährleistungsbeginn.
Mit der Abnahme wird zudem der Werklohn fällig und es ist nicht mehr das Problem des Auftragnehmers, wenn die erbrachte Leistung beschädigt oder zerstört wird.
Je früher die Gewährleistung beginnt, desto früher ist die Gewährleistung auch beendet.
Durch sachgerechte Bedenkenanzeigen kann der Auftragnehmer lange vor der Abnahme spätere Inanspruchnahme wegen Mängeln und Schäden verhindern.
Für Bauabläufe ist es typisch, dass die Vertragspartner nicht nur „Auftraggeber“ oder „Auftragnehmer“ sind: Sie sind oft beides.
Sie müssen Ihre Interessen in beide Richtungen sachgerecht vertreten und daher die Regelwerke kennen.
Architekten und Ingenieure müssen noch vielseitiger denken:
Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht ist Frank Zillmer nicht nur als baujuristischer Unternehmensberater in Norddeutschland ein absoluter Experte. Er vermittelt sein Fachwissen auch gerne strukturiert und gut verständlich als Referent unter anderem für die Architektenkammer Schleswig-Holstein, die Auftragsberatungsstelle Schleswig-Holstein, den Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen online oder in Inhouse-Seminaren weiter. Sein Vater hätte es gerne gesehen, wenn er auch Architekt geworden wäre. Nun berät und vertritt er Architekten und alle anderen am Bau Beteiligten, wenn er nicht gerade an seinen klassischen Motorrädern schraubt, oder mit diesen unterwegs ist.
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Ulrike Zillmer
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